Ab einem Alter von zehn Jahren dürfen Kinder in Deutschland Gehwege nicht mehr mit ihren Fahrrädern befahren, sondern müssen hierfür die Fahrbahn nutzen. Damit dies im Odenwaldkreis sicher und unfallfrei funktioniert, setzt sich die Jugendverkehrsschule, deren Träger der Odenwaldkreis ist, Woche für Woche ein: Fast jeden Tag eine neue Klasse und neue Kinder, die ein praktisches Training mit den Polizisten Alexander Dörner und Edgar Veltman erwartet. Der Kalender ist dabei eng durchgetaktet – zum Zuge kommen stets die aktuellen Viertklässler eines Jahrgangs.
Anlässlich der kürzlich stattgefundenen Europäischen Mobilitätswoche haben die beiden Nahmobilitätskoordinatoren des Odenwaldkreises, Markus Linkenheil und Thomas Schuhmacher, die Kinder der Waldbachschule in Bad König Zell bei einer Praxiseinheit begleiten und den Polizisten bei ihrer Arbeit über die Schultern schauen dürfen. Die Ausbildung jeder Klasse geht dabei über insgesamt fünf Einheiten, von denen in der Regel drei auf dem Gelände der Jugendverkehrsschule am Michelstädter Hallenbad und zwei im realen Straßenverkehr stattfinden. Es werden sowohl theoretische Inhalte, wie die Verkehrsregeln vermittelt, als auch die praktische Umsetzung im sicheren Raum des Übungsplatzes und im echten Straßenverkehr geübt.
„Wir erkennen große Unterschiede in den Fähigkeiten der Kinder. Nicht alle können Radfahren, wenn sie zum ersten Kurs antreten,“ so Dörner. Die Verantwortung hierfür läge hier grundsätzlich bei den Eltern, dies den Kindern beizubringen. „Daher appelliere ich an alle Eltern, sich die Zeit zu nehmen, ihren Kindern das Radfahren beizubringen. Das ist nicht Teil unseres Kursprogramms.“
Die praktischen Übungen im Straßenverkehr findet meist in der Nähe des jeweiligen Schulstandorts statt, also genau dort, wo die Kinder später unterwegs sein werden. An den Lerneinheiten im fließenden Verkehr dürfen aus Sicherheitsgründen nur die Kinder teilnehmen, die ihre Räder sicher beherrschen. Auch eine Überprüfung auf Verkehrstauglichkeit mit Bremsen-Check und einer regelkonformen Beleuchtung muss das Rad bestehen. „Leider besteht nicht jedes Fahrrad diese Checks, wodurch Kinder bereits von der Mitfahrt ausgeschlossen werden mussten,“ erklärt Dörner.
Dann geht es schließlich auf die Straße. Gefahren wird in Kleingruppen, wobei stets die Jugendverkehrsschule und mindestens ein Verkehrshelfer die Kinder begleiten. Ein Kind fährt wechselweise vorne und muss die Verkehrssituation selbst einschätzen. Hierbei gilt es, die Verkehrszeichen richtig deuten und entsprechend reagieren zu können. Unterstützt wird die Schülerin oder der Schüler hierbei von den begleitenden Erwachsenen. Geübt wird darüber hinaus das richtige Abbiegen mit Schulterblick, Handzeichen sowie dem Einordnen beim Abbiegevorgang.
Linkenheil und Schuhmacher bedankten sich bei der Waldbachschule für deren Gastfreundschaft und zeigten sich beeindruckt vom Engagement der Kinder, aber auch vom Einsatz der Ausbildenden. „Das Fahrradtraining ist unglaublich wichtig, um die Kinder an den Straßenverkehr zu gewöhnen,“ so die Nahmobilitätskoordinatoren. Durch die Arbeit der Jugendverkehrsschule würden aktiv Unfälle vermieden. Gleichzeitig führe das Fahrradtraining die Kinder an ihr erstes „eigenes“ Verkehrsmittel heran und sorge für die Förderung einer eigenständigen Mobilität.