Ein besseres Miteinander
dank vieler engagierter Menschen

Diesen Besuch wird der ältere Mann in der Pflegeeinrichtung nicht so schnell vergessen haben. Sein ganzes Gesicht strahlt vor Freude. Mit seiner rechten Hand streichelt er den Kopf des ungewöhnlichen Besuchers. Zwei Alpakas sind zu ihm gekommen. Eines neigt seinen braun-weißen Kopf zu dem bettlägerigen Mann hin, so dass er ihn berühren kann.

Möglich gemacht hat diese Begegnung der Verein Herzenssache Odenwald e.V. Immer wieder ist er mit speziell ausgebildeten Tieren wie Hunden oder Alpakas in Pflegeeinrichtungen, Hospizen oder Kinderheimen. Tiergestützte Besuche gehören zu den vielen Projekten des Vereins, der sich auf Einladung der Odenwald-Akademie am Mittwochabend (2.7.) im Volksbank-Atrium in Erbach einem großen Publikum vorgestellt hat. Gemeinsam mit vier anderen eindrucksvollen ehrenamtlichen Initiativen hat sich der Verein um das von der Odenwald-Stiftung ausgelobte Preisgeld beworben. Am Ende kürte das Publikum ihn zum Sieger – doch die 500 Euro wollte der Verein nicht allein für sich haben. Dazu später mehr.

Soziale Verantwortung und eine Community für Jugendliche

Das Foto zeigt Claudia Neal vom Verein Herzenssache Odenwald e.V. bei ihrem Vortrag.
Beispielhaft: Claudia Neal vom Verein Herzenssache Odenwald e.V., der am Ende die meiste Zustimmung im Publikum fand, stellt in ihrem Kurzvortrag ein Vereinsprojekt vor: den Besuch von Pflegeeinrichtungen mit speziell dafür ausgebildeten Alpakas

Das Bild aus dem Pflegeheim ist eines von vielen, das Claudia Neal vom Vorstand des im Jahr 2020 gegründeten Vereins Herzenssache Odenwald den rund 150 Besucherinnen und Besuchern in ihrem Kurzvortrag gezeigt hat. „Unser Verein steht für Begegnung ohne Bedingungen oder Bewertungen. Das ist für uns soziale Verantwortung“, sagt sie. Das zeigt sich in allen Projekten, etwa jenen für Wohnungslose oder für Familien mit schwerstkranken Kindern. Auch das Café Herzenssache, das demnächst in Erbach eröffnet werden soll, wird von diesem Geist getragen werden. Der Verein hat rund 70 Mitglieder und seinen Sitz in Brensbach (www.herzenssache-odenwald.de).

Gemeinsam mit ihm war der Verein Jugend Odenwald e.V. in die Endrunde gekommen. Florian Päßler und Ben Engelter haben gemeinsam mit einem Freundeskreis den Verein auf die Beine gestellt, damit jungen Leuten im Odenwaldkreis mehr angeboten wird. „Uns geht es aber nicht nur um Partys“, sagen die beiden. Sie wollen motivierte, kreative Menschen in einer von Toleranz und Inklusion geprägten Community zusammenbringen, „in der man sich gegenseitig hilft“. Außerdem wollen sie dazu beitragen, dass man die Jugend „hört und versteht“. (Instagram jugend.odenwald)

Am Ende der Abstimmung durch das Publikum war Herzenssache Odenwald zwar der Sieger, aber Claudia Neal machte spontan den Vorschlag, den Preis mit der Jugend Odenwald zu teilen. So konnte Rüdiger Holschuh vom Beirat der Odenwald-Stiftung zwei symbolische Schecks über je 250 Euro vergeben. Sein Vorschlag an die beiden Vereine, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen, wurde gerne aufgegriffen.

Engagement mit Skateboard, im Computermuseum und im Lebenshof für Tiere

Aber auch die weiteren Vereinigungen, die sich im Lauf des wieder von Alex Dreppec gekonnt moderierten Abends vorstellten, gehören, wie Landrat Frank Matiaske es ausdrückte, „zu den tollen Initiativen, zu denen sich der Odenwaldkreis gratulieren kann“.

Da ist zum einen der Verein skate-aid Odenwald e.V. Den Einzug ins Finale verpasste er nur ganz knapp. Anika Gross und Maic Brechenser stellten den Verein vor, in dem Kinder und Jugendliche Skaten lernen. „Das ist im Umkreis von 100 Kilometern das einzige Angebot dieser Art.“ Dabei arbeitet der Verein auch mit mehreren Schulen zusammen. Dank einer Förderung durch die Interessengemeinschaft Odenwald können sie nun auch Kindern mit ADHS Kurse anbieten. „Sich beim Skaten zu fokussieren und zu konzentrieren hilft gerade diesen Kindern sehr.“ (www.skate-aid.org/social-franchise/skate-aid-odenwald-e.v)

Mit Kindern und Jugendlichen hat auch Guido Klein viel zu tun. Denn vor allem sie besuchen sein besonderes Museum, das er vor vier Jahren im Lützelbacher Kulturdenkmal „Alte Schule“ eröffnen konnte: das Yesterchips zeigt Heimcomputer und Spielekonsolen aus vergangenen Jahrzehnten. Rund 50 Exponate sind dort zu sehen. „Aber nicht nur das. Man kann sie auch benutzen“, so Guido Klein. Er stellte das Museum, das zumeist von Kindern und Jugendlichen besucht wird, gemeinsam mit Markus Martin von der IG Haingrund vor, die das Projekt mit vorangetrieben hatte. (www.yesterchips.de)

Der Verein Kuhmunity e.V. betreibt seit 2017 in Oberzent-Hesselbach einen Hof, in dem so genannte Nutztiere „in Würde und größtmöglicher Freiheit“ leben können. Beispielsweise Hennen, die aus einer Legebatterie kamen, oder Schafe, die aus einer schlechten Haltung gerettet worden waren, wie Katharina Zingelmann und Petra Sandmann schilderten. Finanziert wird der Hof etwa über Patenschaften, die man für Tiere übernehmen kann. Gerne kann man den Hof besuchen. (www.kuhmunity.de)

Zwei Initiativen zur Stärkung der örtlichen Wirtschaft

Außerhalb der Konkurrenz (weil nicht ehrenamtlich betrieben) wurden dem Publikum zwei weitere interessante Initiativen präsentiert.

Mit „Garantiert geliefert“ will die kreiseigene Wirtschaftsförderung die örtliche Wirtschaft stärken. Mittels einer digitalen Plattform können freie Ladekapazitäten im regionalen Güterverkehr erfasst und für Dritte buchbar gemacht werden. Ein Kunde kann ein Produkt bei einem örtlichen Händler bestellen. In dem Ort, in dem der Kunde wohnt, gibt es eine Ausgabestelle, zu der die Ware transportiert wird, etwa von einem Handwerker, der sowieso dorthin unterwegs ist und Platz in seinem Wagen hat. René Karg von der Wirtschaftsförderung stellte das Programm vor, das europaweit seinesgleichen suche. (www.oreg.de/garantiert-geliefert)

Das Foto zeigt das Publikum bei der Begrüßung durch Landrat Frank Matiaske.
Gut besucht: Rund 150 Teilnehmende konnte Landrat Frank Matiaske im Volksbank-Atrium in Erbach begrüßen.

Um „Treue zur Region“ ging es auch Frank Kirsch. Er präsentierte mit „Odenwaldklick“ ein Branchenverzeichnis, in dem es bereits mehr als 1.700 Einträge gibt. „Das ist die größte Firmendatenbank im Odenwald“, so Kirsch, der auch Vorsitzender des Gewerbevereins Michelstadt ist. Die Plattform wird ständig weiterentwickelt, etwa mit Blick auf die Anwendung Künstlicher Intelligenz. (www.odenwaldklick.de)

Jede Initiative hatte nur wenige Minuten Zeit, um sich vorzustellen – im so genannten Pecha Kucha-Format. Mittlerweile gehört die Open-Air-Veranstaltung „Land neu denken: Inspiriert!“ fest zum Programm der Odenwald-Akademie, das von Raquel Jarillo auf die Beine gestellt wird. Landrat Matiaske dankte ihr für die hervorragende Organisation des Abends, aber auch dem Förderverein der Akademie und der Odenwald-Stiftung sowie den Sponsoren, der Volksbank Odenwald, dem Bauunternehmen Georg Weber und der Firma Odenwald LED.