Schlangenkopf

Biodiversitätspreis des Odenwaldkreises und der Firma Pirelli Deutschland

Der Odenwaldkreis und Pirelli Deutschland haben drei Projekte ausgezeichnet, die vorbildlich zur Förderung der Artenvielfalt beitragen. Gesucht wurden umgesetzte Maßnahmen, die Lebensräume aufwerten, Strukturvielfalt schaffen und andere durch Umweltbildung zum Mitmachen inspirieren.

Die Siegerprojekte erhielten bei der Biodiversitätskonferenz am 11. Oktober 2025 im Bürgerhaus Höchst i.Odw. öffentliche Auszeichnung und Preisgelder. Bewertet wurden Wirksamkeit für Artenvielfalt, Vorbildcharakter, Übertragbarkeit, Kreativität und Nachhaltigkeit.

  • Kategorie „Artenvielfalt fördern“

    Gewinner der Kategorie: Wildtierhilfe Odenwald: Lebensräume für wilde Gäste
    Auf einem 2 ha großen Gelände mit Wildtierauffangstation wurden in den letzten zwei Jahren zahlreiche Trittsteinbiotope geschaffen, darunter Hecken, Gehölze, Wildstauden, Reisig- und Steinhaufen, Benjeshecken, Totholzbereiche, Sand- und Lehmhügel sowie ein „Mondscheinbeet“ für nachtaktive Arten. Durch extensive Beweidung, partielle Mahd und gezielte Pflanzungen haben sich artenreiche Wiesen, Magerflächen und Lebensräume für Schmetterlinge, Käfer, Wildbienen, Eidechsen, Amphibien und weitere bedrohte Arten entwickelt, darunter zahlreiche auf der Roten Liste stehende Tagfalter und andere seltene Tiere. Perspektivisch sollen weitere Eidechsenburgen, Sandbereiche und ein Teich angelegt werden, um Biodiversität und Naturschutz auf dem Gelände weiter zu fördern.

    Das Mäuseasyl e.V.:Refugium temporum
    Auf einem alten Bauernhof im Momart wird ein durchgehendes, naturnahes Biotop geschaffen, indem vermüllte Flächen geräumt, Brombeeren zurückgedrängt und Streuobstwiesen sowie Hausgärten ökologisch wiederhergestellt werden. Ziel ist eine Kombination aus Naturschutz, Biodiversität und Selbstversorgung mit Nutzpflanzen, unter Verwendung ausschließlich vor Ort vorhandener Materialien und unter Erhalt bestehender Tier- und Pflanzenbestände. Perspektivisch soll das Gelände offen zugänglich werden, um insbesondere Kindern und Interessierten aller Altersgruppen Lernräume für Natur, heimische Pflanzen und biodiversitätsfreundliche Gartenkonzepte zu bieten. 

    Hardthof Odenwald: Wir leben Biodiversität
    Der Hardthof in Gumpen wird ökologisch im Biokreis-Verband als Milchviehbetrieb mit Grünland- und Weidewirtschaft geführt, wobei Kreislaufwirtschaft, Tiergesundheit und Selbstversorgung im Vordergrund stehen. Durch extensive Beweidung, Erhalt von Streuobstwiesen, Anlage von Wildhecken, Sandhängen, Benjeshecken, Kräuterecken und Natursteinstrukturen sowie gezielte Förderung von Nützlingen und seltenen Arten unterstützt der Hof aktiv Biodiversität auf seinen Flächen. Dies führt zur Ansiedlung zahlreicher Pflanzen- und Tierarten, darunter bedrohte Schmetterlinge, Wildbienen, Vögel, Fledermäuse, Reptilien und Kleinsäuger, und macht den Betrieb zu einem Beispiel für naturnahe, nachhaltige Landwirtschaft im Odenwald.

    Reichenbergschule: Ein kleiner Fleck Erde – große Wirkung für den Klimaschutz
    Im Schulgarten der Reichenbergschule wurde ein Mini-Moor als kleines Ökosystem geschaffen, das heimische Moorpflanzen wie Wollgras, Moorbeere und Heidekraut beherbergt und so Lebensraum für Insekten, Spinnen und Mikroorganismen bietet. Das Projekt dient als Lernort für die Schülerinnen und Schüler, die Pflege, Beobachtung und Dokumentation eigenverantwortlich übernehmen, und vermittelt praxisnah die Bedeutung von Mooren für Wasserhaushalt, Kohlenstoffbindung und Biodiversität. Mit seiner Torfschicht speichert das Mini-Moor CO₂ vergleichbar mit einem 100-jährigen Wald und trägt damit sowohl zum Klimaschutz als auch zur Regulierung von Wasserüberschüssen bei.

  • Kategorie „Lebensräume verbessern“

    Gewinner der Kategorie: Vereinigung der Rotwildjäger im Odenwald e.V. – Ein Königreich für den König der Wälder
    Das Rotwild im südlichen Odenwald lebt in einem der wenigen Rückzugsgebiete Deutschlands und trägt entscheidend zur Biodiversität bei, indem es Lebensräume durch Verbiss, Schälen von Bäumen, Trittschäden und Samenverbreitung strukturiert, Lichtkegel für Mischwälder schafft und als „wandelnde Samenbank“ wirkt. Die Vereinigung setzt sich seit Jahrzehnten für den Schutz, die nachhaltige Bewirtschaftung und die Förderung der genetischen Vielfalt des Rotwildes ein, dokumentiert die Bestände, erstellt Lebensraumkonzepte und koordiniert Jagd, Naturschutz und Landnutzung. Hauptaufgabe bleibt die Sicherung genetischer Vielfalt und die Vernetzung von Rotwildgebieten, um Inzucht zu vermeiden, Anpassungsfähigkeit zu erhalten und die langfristige Erhaltung des Rotwildes und der damit verbundenen Biodiversität zu gewährleisten.

    BUND: Mistelentfernung in Rimhorn
    Freiwillige entfernen während der Wintermonate systematisch Misteln aus Obstbäumen in der gesamten Gemarkung des Lützelbacher Ortsteils, um die Gesundheit der Bäume zu erhalten und die Streuobstwiesen langfristig zu pflegen.

    Agendagruppe Weiten-Gesäß: Urwaldpfad als Teil des Kuh(r)parkwegs mit Feuchtbiotop und Märzenseewiese und Bäume des Jahre
    Der Urwaldpfad im Rahmen des Kuh(r)parkwegs wurde auf einem zuvor unzugänglichen, verwilderten Gebiet angelegt und bietet heute vielfältige naturnahe Spiel-, Erfahrungs- und Lebensräume, darunter Totholzelemente, Vogelnistkästen, Wasserspielbereiche, extensive Mähwiesen, Biotope, Kletter- und Balanciermöglichkeiten sowie einen Bäume-des-Jahres-Pfad und Schutzhütten. Die Agenda-Gruppe Weiten-Gesäß engagiert sich seit 2000 ehrenamtlich für Naturschutz, Gemeinschaftspflege und nachhaltige Entwicklung und übernimmt zudem den Schutz von Amphibien durch einen 400 m langen Krötenzaun sowie die Freilegung des Waldbachs und des Märzenseebrünnchens.

  • Kategorie „Umweltbildung“

    Gewinner der Kategorie: Bodenkultur e.V.: Gemeinschaftsgarten mit Feuchtbiotop und Streuobstwiese
    Der Gemeinschaftsgarten verbindet Naturschutz, Bildung und soziales Engagement auf einer 2,2 ha großen Fläche mit Feuchtbiotop, Streuobstwiese und Gemeinschaftsgarten. Durch Rückbau der Bachverrohrung, Pflanzung alter Obstsorten, Schafbeweidung und naturnahe Bewirtschaftung entstanden wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Zwei Kindergärten nutzen das Gelände regelmäßig als Lernort, und beim jährlichen Erntefest wird die Verbindung von ökologischer Vielfalt, Gemeinschaft und nachhaltigem Handeln erlebbar.

    BUND: Natur- und Waldspielgruppe
    Die BUND-Natur- und Waldspielgruppe Michelstadt bietet Kindern im Alter von etwa 5 bis 8 Jahren Entdeckungsreisen durch Wiesen, Felder, Wald und Bach im Jahresverlauf. Spielerisch lernen die Kinder mit allen Sinnen die Natur kennen, beobachten Tiere, bauen Staudämme, klettern, balancieren und gestalten gemeinsam Aktivitäten aus ihren eigenen Ideen heraus. Das Projekt stärkt motorische Fähigkeiten, Kreativität, Wahrnehmung und Umweltbewusstsein und vermittelt den Kindern einen achtsamen, nachhaltigen Umgang mit Natur und Tierwelt.

    Katholische Kirchengemeinde St. Sophia: Naturnahe Umgestaltung der St. Josefs-Ecke
    Das Projekt in Erbach war der Höhepunkt des Jahresprogramms zu Natur und Schöpfung. Gemeinsam mit Stadt, BUND und Ehrenamtlichen wurde eine zentral gelegene Grünfläche an der Hauptstraße naturnah mit heimischen Pflanzen aus der „Erbacher Kiste“ umgestaltet, um Lebensraum für Insekten zu schaffen und das Stadtbild ökologisch aufzuwerten. Begleitende Aktionen, Öffentlichkeitsarbeit und ein Abschlussgottesdienst in der Schöpfungszeit machten das Projekt zu einem sichtbaren Beitrag für mehr Artenvielfalt und Nachhaltigkeit im Siedlungsraum.