Allgemeinverfügung des Kreisausschusses des Odenwaldkreises

Auf Grundlage des § 100 Abs. 1 des Gesetzes über die Ordnung des Wasserhaushaltes (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) in Verbindung mit § 19 Abs. 3 und § 63 Abs. 2 Hessisches Wassergesetz (HWG) erlässt der Kreisausschuss des Odenwaldkreises als nach § 64 Abs. 3 HWG zuständige untere Wasserbehörde folgende 

Allgemeinverfügung: 

  1. Die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern (Bäche, Flüsse, Seen) im Kreisgebiet des Odenwaldkreises wird bis auf Widerruf untersagt. Hiervon ausgenommen sind das Tränken von Vieh sowie das Schöpfen mit Handgefäßen. 

  2. Die Untersagung gilt auch für die Entnahme durch die Eigentümer der an oberirdische Gewässer angrenzenden Grundstücke und die zur Nutzung dieser Grundstücke Berechtigten (Anlieger). 

  3. Die sofortige Vollziehung wird angeordnet. 

  4. Die untere Wasserbehörde kann auf Antrag eine widerrufliche Ausnahme erteilen, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern oder das Verbot im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führt. 

  5. Diese Allgemeinverfügung tritt am Samstag, dem 22.07.2023, um 0 Uhr in Kraft und gilt zunächst bis einschließlich 31.10.2023. 

Wichtige Hinweise: 

Das Entnahmeverbot gilt nicht für zugelassene Benutzungen (Erlaubnisse, Bewilligungen, alte Rechte). Hier gelten die im jeweiligen Bescheid genannten Einschränkungen bzw. Verbote der Entnahme von Wasser bei niedrigen Abflüssen/Wasserständen im Gewässer. Sofern darüber hinaus die Einschränkung von Befugnissen und Rechten erforderlich wird, ergeht eine gesonderte Anordnung durch die zuständige Behörde. 

Die Errichtung von Anlagen zur Ausübung des Gemeingebrauchs ist verboten. Hierbei handelt es sich um bauliche Anlagen am oder im Gewässer, die einer wasserrechtlichen Genehmigung bedürfen (§ 23 Abs. 2 HWG). 

Die Einhaltung des Entnahmeverbots wird überwacht. Auf die Bußgeldvorschrift des § 73 Abs. 1 Nr. 1 HWG wird hingewiesen. Bei einer Zuwiderhandlung gegen diese Allgemeinverfügung können nach § 73 Abs. 2 HWG Bußgelder bis zu einer Höhe von 100.000 Euro verhängt werden. 

B e g r ü n d u n g 

Aufgrund der anhaltenden Trockenheit und der seit Wochen bzw. Monaten fehlenden ausreichenden Niederschläge haben sich in den Gewässern sehr niedrige Wasserstände eingestellt. Eine Änderung dieser Situation ist derzeit nicht absehbar. Die bisher gefallenen Niederschlagsmengen liegen weit unter dem Durchschnitt. Es besteht die Gefahr, dass der Naturhaushalt nachhaltig gestört wird. Die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern verstärkt diese Gefahr erheblich. 

Rechtsgrundlage für die in Ziff. 1 und 2 getroffenen Anordnungen ist § 100 Abs. 1 WHG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 und 65 Abs.1 HWG sowie den §§ 33, 25, 26 WHG und 19 Abs. 3, 21 Abs. 1 HWG. Danach können der Gemeingebrauch und der Eigentümer- und Anliegergebrauch durch die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zum Wohl der Allgemeinheit, insbesondere zum Schutz des Naturhaushalts, beschränkt oder ausgeschlossen werden. Die für ein oberirdisches Gewässer erforderliche Mindestwasserführung (§ 33 WHG) ist auch dann zu beachten und einzuhalten, wenn die Wasserentnahme keinem Genehmigungserfordernis unterliegt und somit keiner Zulassung durch die zuständige Behörde bedarf. Widerspricht die Benutzung den Anforderungen der Mindestwasserführung, so können Maßnahmen angeordnet werden, die zur Durchsetzung dieser Anforderungen notwendig sind. 

Die angeordnete Untersagung des Gemeingebrauchs und des Eigentümer- und Anliegergebrauchs ist geeignet, die Gewässer vor weiteren Störungen durch eine Verringerung der Wasserführung zu schützen und eine Verschlechterung der durch die langanhaltende extreme Trockenheit kritischen Gewässerzustände zu vermeiden und damit die Tier- und Pflanzenwelt in den Gewässern vor Schaden zu bewahren. Die Untersagung bezweckt ferner, vorsorglich die Lebensgrundlage Wasser, wasserökologische Belange sowie das Wohl der Allgemeinheit zu schützen und zu erhalten. Sie ist ein geeignetes Mittel zur Absicherung der ökologischen, wassermengen- und wassergütewirtschaftlichen Anforderungen. 

Die Entscheidung erfolgt nach sorgfältiger Abwägung der Erkenntnisse aus Ortsterminen sowie der regelmäßigen Kontrolle der Daten der Landespegel an Gersprenz und Mümling. Hier war in den letzten Tagen eine signifikante langanhaltende Verschlechterung bei den Wasserständen (Unterschreitung des mittleren Niedrigwasserabflusses bei den Pegeln) zu verzeichnen. So sind der Fürstengrunder Bach (genannt Weilbach) vollständig und der Brensbach (auch Hältersbach genannt) fast vollständig ausgetrocknet. Von erhöhten Wassertemperaturen ist auszugehen. Es ist keine Maßnahme ersichtlich, die ebenso wirksam ist, um die Funktions- und Leistungsfähigkeit der Fließgewässer als Bestandteil des Naturhaushaltes als Lebensraum für die Tiere und Pflanzen zu erhalten. 

Die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung wird gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet. Sie liegt im besonderen öffentlichen Interesse (§ 80 Abs. 3 VwGO), weil es nicht vertretbar ist, Wasserentnahmen durch Einlegung von Rechtsmitteln fortzusetzen und dadurch die Ordnung des Wasserhaushalts weiter zu beeinträchtigen. Durch weitere Entnahmen wäre der zur Aufrechterhaltung der wasserbiologischen Vorgänge zu erhaltende Mindestabfluss nicht mehr gewährleistet. 

Aufgrund des angeordneten Sofortvollzugs hat ein Widerspruch gegen diese Allgemeinverfügung keine Aufschiebende Wirkung und sie ist sofort nach deren Inkrafttreten zu beachten. 

Auf eine Anhörung konnte gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes verzichtet werden.

Die vorstehende Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben (§ 41 Abs. 4 Satz 4 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz). 

Die Originalverfügung kann zu den normalen Öffnungszeiten der Kreisverwaltung beim Bürgerservice des Odenwaldkreises eingesehen werden. 

R e c h t s b e h e l f s b e l e h r u n g 

Der Widerspruch ist schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetz oder zur Niederschrift beim 

Kreisausschuss des Odenwaldkreises
Michelstädter Straße 12
64711 Erbach

einzulegen 

Wenn Sie den Widerspruch in elektronischer Form einreichen, beachten Sie dabei, dass die angegebenen Kontakt-E-Mail-Adressen des Odenwaldkreises noch nicht für den Empfang und die Prüfung qualifiziert signierter E-Mails vorbereitet sind. Die elektronische Form kann daher derzeit nur wie folgt gewahrt werden:

  • Übermittlung mit De-Mail in der Sendevariante mit bestätigter sicherer Anmeldung nach dem De-Mail-Gesetz. Die De-Mail-Adresse lautet: info@odenwaldkreis.de-mail.de
  • Übersendung eines von der verantwortenden Person qualifiziert signierten Dokumentes an die im Bescheid genannten E-Mail-Kontaktadressen des Odenwaldkreises
  • Übersendung an das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) des Odenwaldkreises, und zwar
    • eines von der verantwortenden Person qualifiziert signierten Dokumentes mittels eines Bürgerclients des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP, über das Sie nähere Informationen auf der Internetseite: https://egvp.justiz.de erhalten)

      oder 
  • falls Sie durch einen Rechtsanwalt vertreten werden, durch Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA)

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Widerspruch im vorliegenden Fall keine aufschiebende Wirkung entfaltet und die getroffene Verfügung sofort zu beachten ist. Sie haben jedoch die Möglichkeit, einen Antrag gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung beim 

Verwaltungsgericht Darmstadt
Julius-Reiber-Str. 37
64293 Darmstadt

einzureichen.

Der Antrag ist schriftlich, in elektronischer Form oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzureichen. 

Er kann auch mittels eines elektronischen Dokuments nach Maßgabe des § 55a Abs. 2 bis 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und dem Kapitel 2 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) erhoben werden, und zwar

  • mittels Übermittlung eines elektronischen Dokuments mit qualifizierter elektronischer Signatur,
  • mittels Versendung eines signierten elektronischen Dokuments, bei der der Absender im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes sicher angemeldet ist und sich die sichere Anmeldung nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt,
  • bei Einreichung durch ein Mitglied einer Rechtsanwaltskammer oder Notarkammer durch Übermittlung eines signierten elektronischen Dokuments über das besondere elektronische Anwaltspostfach oder Notarpostfach (seit 01.01.2022 verpflichtend, § 55d VwGO).

Bitte beachten Sie, dass durch Übersendung einer gewöhnlichen E-Mail die elektronische Form nicht gewahrt wird und dadurch weder ein Widerspruch bei der Behörde noch ein Antrag bei Gericht wirksam eingereicht werden kann! 

Erbach, den 20.07.2023 

gez.

Frank Matiaske
Landrat